Chinabaum, Fieberrinde (Cinchona)

 
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Herkunft der Rinde
Ana Chinchón
Rindenrezepte
Chinin

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Herkunft der Rinde

Herkunft der Chinainde

Der Chinabaum braucht eine ausgeglichene Temperatur, die nicht zu hoch sein darf. Er wächst in den Anden zwischen 10° nördlicher und 19° südlicher Breite.
Eine Legende berichtet, dass die Ureinwohner der Anden vor langer Zeit die Wirkung der Chinarinde erkannten: Ein Indianer, der an Fieber erkrankt war, trank aus Durst das bittere Wasser aus einem Tümpel und wurde wider erwarten wieder gesund. Ob es sich beim Fieber des Indios um die Malaria handelte ist fraglich. Die spärlichen Quellen aus der Zeit des ersten Auftauchens der Europäer in den Anden legen nahe, dass die Spanier in Südamerika die Malaria (oder Wechselfieber) nicht vorfanden, sondern selbst dort einschleppten. Das Wort Malaria stammt aus dem Italienischen und bedeutet abgeleitet "schlechte Luft". Für die Mittelmeerregion gibt es Anzeichen, dass es schon zu Zeiten der Römer verschiedene Fiebererkrankungen gab. In Südamerika wurde die Rinde möglicherweise in der Frauenheilkunde eingesetzt. Alexander von Humboldt bemerkte bei seinem Besuch in Loxa, dem ersten Fundort, jedoch, dass die Indianer die Rinde nicht verwendeten.
Das Auftauchen des Wechselfiebers überforderte die Medizin der Ureinwohner. Sie behandelten Fieber oft mit kalten Getränken und Schüttelfrost mit heißen. Bei der Malaria folgt das eine auf das andere, niemand konnte die Kranken behandeln. Das trug möglicherweise auch zum rapiden Rückgang der Bevölkerung der Ureinwohner in wenigen Jahrzehnten nach 1500 bei.

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Ana Chinchón

Die beliebteste Geschichte über die Entdeckung der Chinarinde als Malariamittel ist folgende: Die Frau des Vizekönigs in Peru erkrankte 1638 am Wechselfieber. Ihr Leibarzt Juan de Vega suchte in der Medizin der Indios ein Heilmittel für die Gräfin Ana Chinchón. Der Stadtrichter von Loxa soll die Chinarinde empfohlen haben. Der Arzt verabreichte der Gräfin Chinchón eine Medizin aus der Rinde Quina-Quina (Rinde aller Rinden). Aus Quina-Quina wurde Chinarinde. Die Gräfin wurde geheilt. Das erste Mittel gegen Fibererkrankungen, das Gräfinnenpulver, war nach dieser Geschichte gefunden. Die Gräfin soll sich größere Mengen der Rinde beschafft haben und ließ das Medikament vom Jesuitenorden unter die Armen verteilen. Auch diese Geschichte kann ins Reich der Legenden verwiesen werden. Im Tagebuch des Vizekönigs gibt es keinen Hinweis auf eine Malariaerkrankung seiner Frau. Der Gattungsname des Chinabaums wählte Carl von Linné jedenfalls zu Ehren der Gräfin: Chincona. Brunno Wolters bietet in einem Vortrag folgende weitere mögliche Entdeckungsgeschichte an: Im Jahre 1630 glaubte man, dass bitter schmeckende Drogen auch gegen Fieber helfen müssten. Schon Hippokrates von Kos wusste von der fiebersenkenden und schmerzstillenden Wirkung der bitter schmeckenden Rinde der Silberweide. Hippokrates setzte die Rinde bei Geburtswehenschmerzen ein. Kräuterkundige Frauen kannten im Mittelalter die Wirkung der Silberweidenrinde. Im Jahr 1630 nun verlangte ein kranker Jesuitenpater von einem Indiohäuptling eine solche bittere Droge. Der Kazike brachte Chinarinde. In irgend einer Weise haben die Jesuiten mit Einführung der Chinarinde als Malariamittel wohl zu tun. Sie organisierten das Sammeln der Rinde und führten sie um 1650 wohl als erste in Europa ein. Sie hielten die Herkunft geheim. Der Societas Jesum hielt ein Monopol auf das Chinin. Ein weiterer Name der Chinarinde war geboren: Jesuitenrinde. Der Protestant Oliver Cromwell starb am 3. September 1658 am Fieber, nachdem er es abgelehnt hatte, das "Teufelspuder" der Jesuiten anzurühren. In Italien wurde das Pulver von einem Kardinal Lugo verteilt; hier wurde das Medikament Kardinalspulver genannt.

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Rindenrezepte

Chinarindeansatz

Verschiedene europäische Ärzte und Apotheker entwickelten Heilmittel mit Chinarinde als Hauptbestandteil. Einige wurden sogar reich. Dr. Franz' stärkender Chinawein für Greise hat ähnliche Zutaten wie Angostura aromatic Bitter:
Dr. Franz stärkender Chinawein für Greise

In anderen Rezepten sind als Zutaten noch Enzianwurzel gegen schwache Nerven angegeben. Auch das Räuchern der Rinde zusammen mit Essig und Wachholder gegen Ansteckung am Nervenfieber findet man als Empfehlung. Möglicherweise waren Dr. Johann Gottlieb Benjamin Siegert einige dieser Rezepte bekannt als er seinen Angostura aromatic Bitter 1824 entwickelte, und er brachte einige Ideen für sein Tonikum schon aus Europa mit.

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Chinin

Die Kombination der Chinarinde mit anderen Wirkstoffen ist, neben der Verbreiterung des Wirkungsspektrums, auch aus einem weiteren Grund nachvollziehbar. In Peru wachsen viele verschiedene Arten des Chinabaums, von denen nicht alle medizinisch wirksam sind. Die Indianer sammelten die Rinde aller Arten, ohne Unterschiede zu machen, ein Indiz dafür, dass die Indios die Wirkung der Rinde nicht kannten. Ein sicherer Test für die Wirksamkeit stand lange nicht zur Verfügung. Nur die Hälfte der Patienten konnten mit Chinarinde geheilt werden, viele glaubten an Zauberei. In Ostindien wurde der Preis einer Ladung Fieberrinde zeitweise erst nach dem Nachweis der Wirksamkeit an Malariakranken festgelegt. Um die Jahrhundertwende 1800 forschten viele Hundert europäische Chemiker am Rätsel, das die Wirkung der Cortex Chinae umgab. Erst nach der Entdeckung der Alkaloide konnte das Geheimnis der Rinde mit den vielen Namen gelüftet werden. Napoleons Kontinentalsperre gegen Großbritannien hatte zur Folge, dass Kontinentaleuropa vom Chinarindennachschub abgeschnitten wurde. Es kam zu einer Renaissance der Silberweidenrinde als Fiebermittel. Der Wirkstoff Salicylsäure in der Rinde wurde später zum wichtigsten Bestandteil von Aspirin.
Chinin kann Malaria nicht heilen! Der Erreger nistet sich in der Leber des Patienten ein, wo er den Kranken nicht weiter behelligt. Erst wenn er wieder ins Blut gelangt, löst er das Fieber aus. Chinin wirkt nur bei diesem Erreger. Erst im 20. Jahrhundert konnte die Behandlung der Malaria verbessert werden. Dennoch wurde Chinin zu einem der wichtigsten Wirkstoffe in der Medizin. Viele schwarzafrikanischen Sklaven waren immun gegen die Malaria. Nur durch die gesicherte Versorgung der Vertragsarbeiter konnte die Arbeit auf den Plantagen nach der Abschaffung der Sklaverei weitergehen. Als um 1880 der Franzose Ferdinand de Lesseps, der den Sueskanal baute, von der kolumbianischen Regierung den Auftrag erhielt, den Panamakanal zu bauen, scheiterte er an der Malaria und am Gelbfieber. Die Franzosen behandelten die Arbeiter, die erkrankt waren, zunächst mit Chinin. Als die Behandlung nicht anschlug, war es zu spät für eine Gelbfiebertherapie. 1901 sicherten sich die USA das Recht auf den Bau des Kanals. Die panamaische Oberschicht betrieb mit der Hilfe der USA die Loslösung des Territoriums von Kolumbien und trat als Bezahlung die Kanalzone bis Ende 1999 an die Vereinigten Staaten ab. Die US-Amerikaner bekämpften erst konsequent die Fieberkrankheiten und begannen dann mit dem Bau - und hatten Erfolg.

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Angostory © A. Hacker; 10.02
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