Angostura, eine Stadt am Orinoko
Inhalt
Die Quelle des Orinoko
Die Gabelung des Flusses
Alexander von Humboldt
Simón Bolívar
Die "Panther" auf dem Orinoko
Der Flusslauf unterhalb von Angostura
Karten
Die Quelle des Orinoko
Der Name des 2140 Kilometer langen Flusses Orinoko stammt aus der Sprache
der Ureinwohner Venezuelas .
Orinoko bedeutet "Vater des Landes". Das Stromgebiet des Orinokoflusses
ist das drittgrößte in Südamerika. Der Orinoko entspringt
1047 Meter über dem Meeresspiegel. Seine Quelle wurde erst im letzten
Jahrhundert, im Jahre 1951 genau lokalisiert. Am Oberlauf wird der Orinoko von
vielen Klarwasserflüssen gespeist. Auf seinen ersten 100 Kilometern
verliert der Fluss bereits 713 Höhenmeter; auf den folgenden 80 Kilometern
sind es noch einmal 140 Meter.
Die Gabelung des Flusses
Im Jahr 1724 entdeckte der Jesuitenpater Manuel Román eine Flussgabelung
des Orinoko. Vor dieser Bifurkation hat der Fluss bereits eine Breite von
500 Metern erreicht, und es strömen 2000 Kubikmeter Wasser in der
Minute talwärts. Durch die Gabelung verliert der Orinoko an den Río
Casiquiare, der hier seinen Ursprung hat, rund ein Viertel seines Wassers.
Der Río Casiquiare hat also keine Quelle im eigentlichen Sinne,
sondern zweigt vom Orinoko ab. Er mündet in den Río Negro,
den wasserreichen Zufluss des Amazonas. Somit stellt also der Casiquiare
eine natürliche Verbindung zwischen den beiden Flusssystemen dar:
des Orinokos und des Amazonas. Die Entdeckung der Bifurkation und die der
Verbindung der beiden Flüsse widersprach der damals weitverbreiteten
Theorie, nach der große Stromgebiete immer durch eine natürliche
Wasserscheide voneinander getrennt seien.
In Mitteleuropa sind viele Kämme der wasserarmen Mittelgebirge
Wasserscheiden zwischen den Zuflussgebieten von Rhein, Elbe und Donau.
Alle drei Wasserscheiden treffen sich im Fichtelgebirge
.
In Südamerika sind nicht nur die beiden Flüsse Orinoko und
Amazonas über den Río Casiquiare und den Río Negro miteinander
verbunden, sondern auch die südlichen Nebenflüsse des Amazonas
sind über große Sumpfgebiete in Brasilien mit dem Fluss Paraguay
verbunden. Der Paraguay mündet in den Paraná, der als Río
de la Plata bei Buenos Aires (Argentinien) zur Rechten und Montevideo (Uruguay)
zur Linken in den Atlantik mündet.
Der Orinoko selbst fließt nach seiner Bifurkation weiter in weitem
Bogen durch Venezuela. Durch die genaue geografische Vermessung des Río
Casiquiare wies Alexander von Humboldt während seiner Amerikareise
im Jahr 1800 die Gabelung und die natürliche Wasserstraße zum
Río Negro nahe der heute verschwunden Missionsstation Esmeralda
wissenschaftlich nach. Der Orinoko wird zum Grenzfluss des Nachbarlandes
Kolumbien. Nach seiner Vereinigung mit dem Río Meta, einem weiteren
Grenzfluss Venezuelas mit Kolumbien, erreicht der Orinoko wieder eine beachtliche
Breite von bis zu 5 Kilometern. Stromabwärts liegen einige Inseln
im Fluss, bevor bei Ciudad Bolívar der Orinoko in einer Enge auf
500 Meter eingeschnürt wird.
Ciudad Bolívar ist nach dem prominentesten Vertreter der Unabhängigkeitskriege
der ehemaligen spanischen Kolonien in Südamerika, Simón Bolívar,
benannt. Der alte Name der Stadt am Orinoko war Angostura. Dem Wortsinn
nach bedeutet Angostura: eng, schmal, Engpass. Viele Städte der ehemals
spanischsprechenden Welt, von Spanien bis in die heutigen USA, heißen
Angostura. Die Stadt am Orinoko wurde 1764 als Santo Tomás de la
Nueva Guayana gegründet, erst später wurde sie in Angostura umbenannt.
In den Schriften von Alexander von Humboldt heißt die Stadt "St.-Thomas
d' Angostura" die "Hauptstadt von Guayana". 1886 wurde die Stadt schließlich
zu Ciudad Bolívar. Mit Ciudad wurde in Spanien und dessen ehemaligen
Kolonien jede Stadt mit eigener Gerichtsbarkeit bezeichnet. Städte
ohne Gerichtsbarkeit tragen den Zusatz Villa.
1817 belagerten die Truppen der Unabhängigkeitsbewegung von Simón
Bolívar die "Hauptstadt von Guyana Angostura" mit einer "Besatzung
von 3 bis 400 Mann". Deutsche Leser erfuhren von der Belagerung der Stadt
am Orinoko unter anderem aus dem "Politischen Journal" in dem die
"Proclamation von Don Joseph Cortes de Madariaga" in Auszügen
abgedruckt worden war. Angostura "wird von 5000 bis 6000 gut ausgerüsteten
Patrioten eingeschlossen. Ganz Guyana (war schon) bis auf diese Festung
und die Hauptstadt Guyana in der Gewalt der Independanten." Bolívar
wollte Angostura zur Hauptstadt machen, da sie eine gute Ausgangsbasis
bot, um die Spanier in den stark befestigten Küstenstädten anzugreifen.
Gleichzeitig konnte über den Orinoko, Verbindung mit dem Ausland gehalten
werden, um Waffen zu beschaffen. Schließlich konnte sich die Regierung
aus dem Hinterland anfänglich gut versorgen.
Simón Bolívar etablierte 1819 sein Hauptquartier in Angostura.
Auf einem Kongress rief er hier die Unabhängigkeit Großkolumbiens
aus und wurde zum Präsidenten der Republik Kolumbien gewählt.
Das damalige Staatsgebiet umfasste die heutigen Länder Kolumbien mit
Panama - Panama gehörte bis 1903 zu Kolumbien, Ecuador
und Venezuela. Heute wird Bolívar als Nationalheld in Venezuela,
Kolumbien, Ecuador, Bolivien und Peru verehrt. Der spanische Gegenspieler
Bolívars, General Morillo versuchte 1819 noch einmal erfolglos Angostura
einzunehmen.
1820 weiß dann das "Politische Journal" von den Zuständen
in Angostura folgendes zu berichten: "Die Nord=Amerikanischen Offiziere,
welche voriges Jahr mit Commodore Perry in Angostura waren, erzählten,
daß diese Stadt 10 000 Einwohner, meistens Creolen, enthalte, daß
sie angenehm auf einer Anhöhe am Orinoco liege, die Häuser aber
nur eine Etage hoch, mit Holzschindeln bedeckt und die Fenster mit Jalousien
statt des Glases versehen waren. Die Stadt litt viel durch die Eroberung
der Independanten, diese wollen aber den Sitz der Regierung nach Caraccas
verlegen, sobald letztere Stadt erobert ist."
Die "Panther" auf dem Orinoko
Von weiteren Aktivitäten von Deutschen in der Stadt Angostura ist
wenig zu erfahren: Das Handelshaus Blohm Hamburg war wohl schon vor 1830
bis mindestens 1914 in Venezuela präsent, im Orinokodelta gab es die
deutsche Peternales-Asphaltgesellschaft. Am Rio Peternales tritt Asphalt
ebenso wie am Pitch Lake flüssig an
die Oberfläche. Von staatlichen Handeln gibt es einige Dokumente:
"Im Juni 1902 entsandte der Kaiser" Wilhelm II "nach Klagen Hamburger Firmen
die 'Panther' auf den Orinoco, da sich in Ciudad Bolivar eine große
deutsche Handelskolonie befand." Die Stadt "war bereits seit Mai durch
eine Regierungsblockade des Deltas von der Küste abgeschnitten. Die
Stadt selbst war" von Rebellen beherscht, jedoch kontrollierte die Regierung
"die alte Spanische Festung Los Castillos, gut 150 km flußabwärts,
und verhinderte jeglichen Kontakt mit der Außenwelt."
(Gerhard
Wiechmann) In Port of Spain auf Trinidad wurde Eckermann - dem
Kommandanten der Panther - die Beschießung des früheren Angostura
bestätigt. "Am 9. Oktober 1902 traf das Kanonenboot in Ciudad
Bolivar ein, wo es von den europäischen Residenten" (Statthalter ausländischer
Handelshäuser) "begeistert empfangen wurde. Eine Reklamation lag jedoch
nicht vor, so daß Eckermann ärgerlich konstatierte, daß"
der deutsche Gesannte "Pilgram ihn wohl nur für Posttransporte benutzt
hatte."
Der Flusslauf unterhalb von Angostura
Ciudad Bolívar ist heute die Hauptstadt des venezuelischen Bundesstaates
Bolívar. Der Orinoko ist ab hier schiffbar. Auf den letzten 350
Kilometern hat der Fluss eine Breite von 4 bis 15 Kilometern, bevor er
in ein breites Delta übergeht. Das Orinokodelta liegt südlich
der Insel Trinidad und umfasst 30000 Quadratkilometer.
Pro Sekunde ergießen sich 18
Tausend m³ Wasser des Orinoko in den Atlantischen Ozean. Im Jahr
schiebt sich das Delta 45 Meter weiter ins Meer vor.
Der Orinoko mündet in den Atlantik.
Karten
Kartenmaterial von Venezuela findet sich auf den Seiten der Universität
von Texas unter:
http://www.lib.utexas.edu/maps/venezuela.html.